Gedenkstunde

Orts- und Kirchengeschichte Notzingen

Materialien Gedenkstunde Reichspogromnacht Martinskirche Kirchheim
Notzingen 1938/1939: Zu Viert widerstehen 9. Nov. 2021

In dieser Veranstaltung war auch der Kirchenkampf 1938 in Notzingen Thema. Wolfgang Kalmbach berichtete unter dem Titel: Zu viert widerstehen“ mit Ton und Bilddokumenten von Menschen, die die Zeichen der Zeit erkannten. Gemeinsam verspürten sie eine direkt aus dem Glauben kommende Ermutigung, die sie stark machte, nicht zu schweigen, sondern aktiv zu werden.

Notzingen wurde damals stark von einem Pfarrer der Deutschen Christen dominiert. Geschildert werden unter anderem Ereignisse um die Reichspogromnacht 38. Die Religionslehrerin Irmgard Gräter wird vom Ortsgruppenleiter in die Wohnung einbestellt. Der der Kirche sehr nahestehende Gottlieb Barz trägt nachts Schriften des Landesbischofs aus und hängt Hetzplakate ab. Es herrschen rüde Umgangsformen. Der Vikar der Bekennenden Kirche wurde vom DC Pfarrer gewürgt. Kurz vor der Reichsprogomnacht wies der Dekan den Vikar der Bekennenden Kirche an, die Amtsgeschäfte voll zu übernehmen. Im Hirsch wurde dann ein zweites Amtszimmer eingerichtet. Er fungierte als Widerstandszentrum.

Wie stark Notzingen damals im Focus war zeigt sich auch an der Tatsache, dass 1937 kurz nacheinander Reichsbischof Müller und Landesbischof Wurm dort predigten. Nachdem die Religionslehrerin und der Kirchengemeinderat beim Oberkirchenrat intervenierten, wurde der DC-Pfarrer 1940 zwangsweise und vorzeitig in den Ruhestand versetzt.

In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938, der Reichspogromnacht,  brannten in ganz Deutschland Synagogen. Organisierte nationalsozialistische Schlägertrupps setzten jüdische Gotteshäuser und Geschäfte in Brand und tausende Jüdinnen und Juden wurden misshandelt, verhaftet oder getötet. Diese Nacht war ein weiterer Schritt hin zum Holocaust.

Die evangelische Kirche stand seit der Machtübernahme der NSDAP am 30.1.1933 vor einer Zerreißprobe. Die 1932 gegründete „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ propagierte einen „bejahenden artgemäßen Christus-Glauben, wie er deutschem Luther-Geist und heldischer Frömmigkeit entspricht“ (Richtlinie DC Nr. 4). „Rasse, Volkstum und Nation“ werden als „von Gott geschenkte und anvertraute Lebens-ordnungen“ (Richtlinie DC Nr. 7) gesehen, die Loslösung der Kirche von jüdischen Wurzeln sollte erreicht werden. Der von Martin Niemöller 1933 gegründete „Pfarrer-notbund“ und die daraus entstehende „Bekennende Kirche“ bildeten die Gegen-bewegung zu den Deutschen Christen. Auch im Kirchenbezirk Kirchheim gab es Anhänger der Deutschen Christen, aber auch Widerstand gegen die Ziele dieser Bewegung.  Die Gedenkstunde wird vom Ev. Bildungswerk, der Stadtkirchengemeinde, der Stadt Kirchheim und der Offenen Kirche veranstaltet. Mitgestaltet wird sie wieder von Schüle-rinnen und Schülern des Schlossgymnasiums und der Musikschule Kirchheim.

Fotos Kirche: Carsten Riedl Teckbote